Europa und wir: Wer sind eigentlich unsere Nachbarn? Eine Projektidee

Kulturelle Vielfalt in der Grundschule

An Ihrer Schule gibt es bestimmt viele verschiedene Nationalitäten. Das ist seit Jahrzehnten Alltag und völlig normal, denn wir leben in einer globalisierten Welt. Trotzdem wissen wir oft wenig über andere Länder – manchmal sogar fast nichts. Das ist sehr schade.

Eine kleine literarische Anekdote dazu: In Paulo Coelhos Buch „Veronika beschließt zu sterben“ ärgert sich die slowenische Protagonistin so sehr darüber, dass die Welt keinen Schimmer davon zu haben scheint, wo Slowenien liegt und was das Land ausmacht, dass sie in den vielleicht letzten Minuten ihres Lebens einen Leserbrief zu dem besagten Zeitungsartikel schreibt, in dem sie erklärt, wie Slowenien entstanden ist. Da kann man sich als Leser schon einmal ertappt fühlen.

Es stellt sich ja auch die Frage, ob das Unwissen aus Desinteresse resultiert oder man sein Gegenüber vielleicht einfach nicht als anders oder fremd empfindet oder seine Herkunft irrelevant ist. Trotzdem schadet Wissen bekanntlich nie, und somit eignet sich das Thema Europa super, um miteinander ins Gespräch zu kommen und seine Allgemeinbildung zu erweitern.

Für mehr Wissen rund um internationale Oster- und Weihnachtsbräuche lesen Sie gern auch unsere Beiträge Fliegende Eier und Heringsbegräbnis und Lichterfeste der Kulturen: Hanukkah, Diwali, Weihnachten oder Weihnachten im Kindergarten: Ideen für die Weihnachtszeit in kulturell gemischten Kindergruppen.

Wo kommen wir eigentlich alle her?

Unsere Herkunft ist oft komplizierter als wir glauben und uns auch nicht immer bewusst, solange wir nicht in die Familienforschung einsteigen. Viele Deutsche haben Vorfahren aus Schlesien, Böhmen, Preußen usw., oder auch aus ganz anderen Ecken der Welt. Und viele Kinder haben Familien, die aus mehreren verschiedenen Ländern stammen – oder vor vielen Jahren bis Jahrhunderten in ein anderes Land gezogen sind.

Natürlich sollen Sie mit Ihren SuS keine Ahnenforschung betreiben, doch es mag interessant sein, sich (vielleicht auch mit Kollegen) darüber auszutauschen, wo die jeweiligen Wurzeln liegen, welche Bräuche und Traditionen man als Erwachsener übernommen hat oder fortführt, was man mit seiner Herkunft oder mit dem Wort „Heimat“ verbindet etc.

Für Ihre Kinder kann es inspirierend und ermutigend sein, auch Ihre Geschichte und Gedanken zu hören, denn Identität, Herkunft und Heimat sind komplexe Themen, die oft widersprüchliche Gefühle oder Zweifel auslösen. Als Mensch mit türkischem Migrationshintergrund in der dritten Generation wird man vielleicht in Deutschland als Türke und in der Türkei als Deutscher wahrgenommen, ungeachtet des eigenen Empfindens.

Sie können z. B. eine Weltkarte aufhängen und gemeinsam mit Pins markieren, wo Ihre SuS und Sie samt Familien herkommen (und vielleicht auch die Reise- oder Fluchtrouten). Vielleicht möchten Sie auch eine Girlande mit verschiedenen Flaggen basteln oder ein Wandbild erstellen. Und Sie können sich natürlich austauschen:

• Aus welchen Gründen verlässt man sein Heimatland?
• Wie lange dauert die Reise, mit welchen Transportmitteln erfolgt sie?
• Was bedeutet Heimat, was bedeutet Zuhause?
• Was ist toll an den Herkunftsländern, was vermissen die SuS vielleicht, was finden sie hier angenehmer?
• In welchem Land würden die Kinder gern mal Urlaub machen oder vielleicht sogar leben, und warum?
• Welche Länder kennen sie aus Urlauben und was gefällt ihnen dort gut, was nicht? Macht es einen Unterschied, ob man in einem Land nur Urlaub macht oder dort dauerhaft lebt?
• Welche Vorurteile und Klischees sind mit den einzelnen Ländern verbunden, woher kommen sie und was steckt dahinter? Erfahren Ihre Kinder Vorurteile oder Diskriminierung aufgrund ihrer Herkunft oder der ihrer Familie?

Vielleicht hat ja auch der eine oder die andere Ihrer SuS Lust auf ein Kurzreferat über sein liebstes Urlaubs- oder Herkunftsland. Oder ein Familienmitglied erklärt sich bereit, Ihnen allen bei einem Besuch etwas Spannendes zu erzählen und Fragen zu beantworten.

Brainstorming: Europa in unserem Alltag

Für Ihre Kinder ist es noch selbstverständlicher als für Sie, dass es offene Grenzen gibt, Europa eine Gemeinschaft bildet und in unserem Land Menschen vieler verschiedener Ethnien, Kulturen und Religionen zusammenleben.

Europa und die EU sind auch wichtig für die politische Bildung. Da ist es von Vorteil, schon früh ins Thema einzusteigen und auch den eigenen Alltag zu reflektieren, denn wir finden täglich bei vielen Gelegenheiten Namen, Bräuche, Wörter oder Gerichte aus anderen Ländern. Auch da sind uns Hintergründe, Ursprung oder Geschichte vielleicht oft nicht bewusst.

Das können Sie ja leicht ändern. Überlegen Sie gemeinsam mit Ihren Kindern, in welchen Formen ihnen andere Nationalitäten im Alltag begegnen. Da werden natürlich auch Länder außerhalb Europas dabei sein. Auf einer Weltkarte können Sie alle Länder suchen, vergleichen, wie weit sie jeweils von Deutschland entfernt sind und auch die Länder Europas einordnen. Als Anregung fürs Brainstorming haben wir zwei Arbeitsblätter zum Gratis-Download für Sie vorbereitet.